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Jurybegründung zu I PLAY D (E)AD – Wagner Moreira

Die Produktion I PLAY D (E)AD wurde am 21.10.2019 von der Jury mit dem URSULA-CAIN-FÖRDERPREIS 2019 im Rahmen der offiziellen Festveranstaltung im LOFFT – DAS THEATER ausgezeichnet.

„„I play…“ – ich spiele. So beginnen der Titel und das Tanzstück von Wagner Moreira. Noch bevor die Zuschauer*innen ihre Theaterkarten am Eintritt vorweisen, werden sie einbezogen in das Spiel. Wagner feiert Geburtstag und wir Zuschauer*innen mögen Wünsche für ihn auf einen Zettel schreiben. Wer ist der Mann, dem wir etwas wünschen sollen? Das Geschriebene fi ndet in einem Kästchen Platz. Ein Wunschkästchen, Schatzkästchen? Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Aber die Distanz zu uns ist aufgehoben und wir folgen nun heiteren Mutes dem Spieler. Wagner Moreira kommt ganz nah an uns Zuschauende heran: Er unterhält uns, spielt mit uns, erzählt uns Geschichten. Und er ist ganz bei sich, sucht in sich, zeigt sich nackt und verletzlich, tanzt. Mit dem Spiel „ich stelle mich tot“, bei welchem ihn das Publikum durch aktives Zutun immer wieder aufs Neue zum Leben erwecken darf, nimmt die Geburtstagsparty eine unerwartete Wendung. Wagner Moreira wirft uns in ein Wechselbad der Gefühle. Wir sind konfrontiert mit der endgültigen Frage: Wie bereiten wir uns am besten auf den Moment des Sterbens vor? Eine unglaubliche, emotionale Wucht entfaltet sich, wenn im Tanzstück der Versuch durchdekliniert wird, den Tod als Teil des Lebens zu begreifen.

Die Kraft der Darstellung von Wagner Moreira ist es, die uns spielerisch in die Frage hineinzieht, wie wir uns mental auf das Ende unseres Lebens vorbereiten können. Das ist Tanztheater im besten Sinne. Die fragmentarischen Teile aus Text, Tanz und Musik speisen sich aus seiner individuellen Körper-Biografie und schließen autobiografische Erfahrungen wie die vom Freitod seines Vaters ein. Für sich genommen stehen die Szenen lose aneinander. Die gelungene Montage dieser Bruchstücke macht das Solo-Stück von Wagner Moreira zu einem Gesamtkunstwerk, welches uns Zuschauenden den Freiraum bietet, selbst Teil seiner Reise zu werden. Im Laufe der Inszenierung zieht sich Wagner Moreira immer weiter zurück vom Publikum, in die Tiefe des Bühnenraumes. Am Ende dieses Tunnels übergibt er sich einer anderen Dimension und wird eingesogen in Bewegung, Raum und Zeit. Denn wohin soll er vor dem Tode fliehen?

Wagner Moreira widmet dieses Stück seiner 25-jährigen Karriere als Tänzer und Choreograf. Es feierte im September 2017 seine Premiere und war seitdem auch international zu sehen. Mit diesem hochspannenden, tiefgreifenden und mutigen Solo-Kunstwerk erreicht sein künstlerisches Schaffen einen Höhepunkt. Wir gratulieren herzlich!“

Leipzig, Irina Pauls im Namen der Jury

 

Fotos: Tom Dachs

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